Als erste Augmented Reality Oper der Welt inszenierte ich mit MAYA die letzte Industrieruine Münchens, das ehemalige Heizkraftwerk München-Aubing, als archäologische Ausgrabungsstätte.

Über die App am eigenen Smartphone begab sich das Publikum in die Perspektive einer in ferner Zukunft wieder entstandenen Zivilisation und staunte über den Niedergang unserer heutigen Menschheit in naher Zukunft.

Die Altistin Martina Koppelstetter schlüpfte in die Rolle der „Maya“. Würde es ihr gelingen, den Cyberspace und damit sich selbst und die Menschheit zu retten?

Über die MAYA App

 

Ausführliche Dokumentation

Hintergrund und Entstehung

MAYA erzählte die Geschichte der letzten Überlebenden einer dem Untergang geweihten Zivilisation. Eine Post-Utopie, die als begehbare Installation vom Publikum erlebt wurde. Sie spielte in der letzten Industrieruine Münchens, dem ehemaligen Heizkraftwerk Aubing, einem inzwischen denkmalgeschützten Gebäude, das ebenfalls von gescheiterten und unvollendeten Visionen erzählt. Es wurde 1937 von den Nazis auf einem bajuwarischen Gräberfeld gebaut und sollte Teil einer größeren Industrieanlage für die „Hauptstadt der Bewegung“ werden. Doch dazu kam es nie. Ab 1952 wurde das Gebäude von der Deutschen Bahn zum Heizkraftwerk umgebaut, aber nie wirklich nachhaltig genutzt. In den 1990er Jahren entdeckte die alternative Kulturszene den Leerstand für sich. DJs veranstalteten dort legendäre Techno-Raves. Aktuell befindet sich das Gebäude im Eigentum der Allguth GmbH.

Bevor sich die Ruine in naher Zukunft möglicherweise in ein neues Kunst- und Kulturzentrum verwandelt, wollte Mathis Nitschke diesen besonderen Ort mit einem eigens dafür konzipierten Musiktheaterstück bespielen. Die atemberaubende Architektur des leerstehenden Baus, dessen Inneres mit den drei erhaltenen Öfen an eine Kathedrale erinnert, hat ihn sofort fasziniert. Die Idee „darin etwas zu machen“ war geboren.

Form

Nitschke übertrug in MAYA den Kern dessen, was Oper ausmacht, in die Gegenwart: Rausch, Ekstase und Bewusstseinserweiterung durch Musik, Sound, Licht und digitale Kunst. MAYA verband Oper und Techno. Beides steht für ein kraftvolles Sich-Auflehnen: Gegen den Tod. Gegen die Ein­samkeit. Für ein Leben ohne Limits. Für die Verheißung einer Welt, in der wir nach unseren kühnsten Vorstellungen leben, ohne jemals an körperliche Grenzen zu stoßen.

Es war ein Spiel mit Gegensätzen. Zukunft stand neben Vergangenheit. Stofflichkeit traf auf Immaterialität. Neukompositionen begegneten Zitaten aus der gesamten Musikgeschichte. Das Streichtrio TrioCoriolis spielte live mit, gegen und in den elektronischen Klanglandschaften von Klavikon, Nitschke, Jörg Hüttner, Björn Eichelbaum und Rumpeln. Das Lichtdesign von Urs Schönebaum fügte sich wie eine Skulptur in den Raum.

„Erdnuss müsste man sein. Bandwurm. Oder Tellerschnecke.“

Die Altistin Martina Koppelstetter schlüpfte in die Rolle der „Maya“. Der Autor Thomas Jonigk legte ihr die Sprache eines Menschen in den Mund, der gezwungen war, seine Körperlichkeit neu zu entdecken, um als digitales Wesen zu überleben.

Mehr über die Musik: >>>

Fazit

Angeboten wurde ein reicher Kosmos an Eindrücken, eine Welt, die der Zuschauer durch eigenes Zutun sich aneignen konnte. Dieser Reichtum, der sich mit Worten und Bildern nur umständlich und unzureichend erklären lässt, wurde vor Ort als „große Freiheit“ erlebt, wie es eine der insgesamt 1.500 BesucherInnen (über fünf Vorstellungen) nannte.

Alle Mittel und Erzählstränge wurden aus dem spezifischen Ort der Ruine entwickelt, nichts offensichtlich dazu erfunden. Keine Requisiten, keine Zuschauertribüne, keine Bühne: ein „minimal-invasives“ Vorgehen, das den Raum zum Hauptdarsteller machte.

Jede Szene bespielte den Raum neu, Maya tauchte immer wieder woanders auf, das Publikum folgte ihr in immer neuen Konfigurationen. Eingeleitet von der AR-App blieben die Zuschauer so von Anfang bis zum Ende in einem Modus des Entdeckens, nicht des Konsumierens.

Performance Video

Publikumsreaktionen

„Die Einbindung des Publikums in die Show durch die App war großartig, insbesondere gegen Ende, wo die MAYA beleuchtet werden sollte. Dass es so gut funktioniert hat, zeigt, wie gut es ankam.“

Ein weiterer Zuschauer schrieb in der Umfrage zu MAYA: „Ich fühlte mich durch das Gebäude und die Darsteller und Darstellung wirklich so ähnlich wie in einer anderen Welt. Obwohl die Fenster offen waren, war für mich die Verbindung nach außen in der Zeit weg. Das fühlte sich spannend an, in Verbindung mit dem Thema an sich. Zusammen mit den anderen Besuchern wurde es obendrein zu einem speziellen Ort, den nur wir genau so erlebten.“

„Sowas wie Maya habe ich zuvor noch nie erlebt! Die Mischung aus moderner Technik, einer Location mit unglaublicher Atmosphäre und einem Live-Konzert war schlicht und einfach atemberaubend! Mehr davon!“

Pressereaktionen

(Auswahl, Klick für Link)


MAYA

eine Mixed-Reality-Techno-Oper in der Ruine des Heizkraftwerks München-Aubing
18. – 22. Oktober 2017

MAYA: Martina Koppelstetter
STIMMEN: Michelle Friedrich, Miriam Hampe, Sophie Lin, Kathrin Zukowski
MUSIKER: TrioCoriolis (Thomas Hofer, Klaus-Peter Werani, Hanno Simons)

LIBRETTO: Thomas Jonigk
SZENARIO, MUSIK UND REGIE: Mathis Nitschke
SOUNDS: Klavikon, Björn Eichelbaum, Rumpeln, Jörg Hüttner
LICHTDESIGN: Urs Schönebaum
KOSTÜMBILD: Katharina Dobner
CHOREOGRAFIE: Martina La Ragione

APP DESIGN und PROGRAMMIERUNG: Klasien van de Zandschulp, Luciano Pinna
ANIMATIONEN basierend auf den Aquarellen „Tapete I-IV“ (2012-2016) von Judith Egger

TON: Boris Kluska
LASER: Karl-Heinz Käs
LICHT: Matthias Wanek

KONZEPTION UND PRODUKTION: Mathis Nitschke
REGIE- UND PRODUKTIONSASSISTENZ: Elsa Büsing
GRAPHIK: Anja Gerscher
3D SCAN: youlittle GmbH
PR-REDAKTION: Katrin Dollinger (Rat&Tat kulturbuero)

MAYA wurde gefördert durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München, den Fonds Darstellende Künste der Bundesregierung Deutschland und den creative industries fund Niederlande. Mit freundlicher Unterstützung des Königreichs der Niederlande und des Bezirksausschusses 22 Aubing – Lochhausen – Langwied. Dank an Allguth GmbH.

Verwandt:

„Wie MAYA auch ein wirtschaftlicher Erfolg wurde“ >>> Wie ich es schaffte, ein Publikum für ein frei finanziertes experimentelles Musiktheaterstück zu gewinnen und es genoss, kreative unternehmerische Strategien auf ein öffentlich finanziertes Kunstprojekt anzuwenden. Ein Abenteuerbericht.

„Wie wird MAYA eigentlich klingen?“ >>> Über die musikalische Zusammenarbeit mit Leon Michener aka Klavikon, Jörg Hüttner, Anton Kaun aka Rumpeln, Björn Eichelbaum und dem TrioCoriolis für die Mixed-Reality-Techno-Oper MAYA.

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