KI als Partner, nicht als Konkurrenz: Ein persönlicher Weg

Viele kennen mich vielleicht sogar noch als Gitarristen, der Liebeslieder schreibt – das ist wirklich lange her. Später habe ich Opern komponiert, Klangräume gestaltet und mit Stimme, Elektronik und Raum experimentiert. Dass ich mich heute mit Künstlicher Intelligenz beschäftige, mag für manche überraschend sein. Das verstehe ich. Technologie – besonders KI – wirkt oft wie das Gegenteil von Emotion, Kunst, Menschlichkeit. Für viele ist sie nicht nur abstrakt, sondern auch bedrohlich.

Mich interessiert an Technologie aber nicht, was sie ersetzt, sondern was sie ermöglicht. Schon in meinen Bühnenarbeiten habe ich neue Technologien als Werkzeug genutzt, um klassische Formen zu erweitern – mit elektroakustischer Verstärkung, immersivem Sound, Augmented Reality, hybriden Ausdrucksformen. Immer ging es mir darum, neue künstlerische Räume zu erschließen.

Mit den aktuellen Fortschritten in der KI stellt sich diese Frage neu. Es reicht nicht mehr, sich nur auf das eigene Werk zu konzentrieren. Wir müssen überlegen, wie Technologie zum Partner werden kann – nicht zur Konkurrenz. KI verändert gerade die Rahmenbedingungen für künstlerisches Arbeiten. Wir sollten mitgestalten, wie das geschieht.

CORPUS: Künstler im Zentrum

Mit dem Projekt CORPUS verfolgen wir genau dieses Ziel. Wir entwickeln ein System, bei dem Musiker ihre Werke bewusst in eine Trainingsdatenbank für KI einbringen – und dafür fair entlohnt werden. CORPUS macht Künstler zu aktiven Beteiligten in der Wertschöpfung, nicht zu Randfiguren. Nur wenn KI auf legaler, ethischer und qualitativ hochwertiger Grundlage trainiert wird, kann sie für die Kunst produktiv sein.

Was auf dem Spiel steht

Die Sorge, dass KI uns die Kunst oder gar die „Seele“ rauben könnte, ist real. Aber Technologie ist gestaltbar. In Film und Games erleben wir, wie KI Prozesse beschleunigt, verändert – und auch neue kreative Freiheiten eröffnet. In der Musik stehen wir erst am Anfang. Wenn wir die richtigen Strukturen schaffen, kann KI nicht nur Prozesse optimieren, sondern neue Ausdrucksformen ermöglichen.

Ein produktiver Umgang mit Komplexität

Das von mir intiierte Projekt CORPUS will einen verantwortungsvollen Umgang mit KI ermöglichen. Es geht nicht darum, Fortschritt zu verhindern – sondern darum, ihn menschenzentriert zu gestalten. Wir müssen die Menschlichkeit in der Kunst bewahren und gleichzeitig neue Werkzeuge erschließen. Nicht in der Angst vor Technologie liegt die Lösung, sondern in einem klaren, selbstbestimmten Umgang mit ihr.

Ein gemeinschaftliches Projekt für die Zukunft

Ich habe einge technologische Umbrüche miterlebt, vor allem den von analoger zu digitaler Musik- und Filmproduktion. Jede Innovation hat unsere Arbeit verändert – manchmal schmerzhaft, oft dann doch bereichernd. Die Komplexität von KI geht jedoch weiter: Sie betrifft nicht nur Klang und Produktion, sondern Autorschaft, Urheberrecht und wirtschaftliche Strukturen.

Ich sehe in CORPUS eine konkrete Chance. Eine Möglichkeit, wie Künstler und KI gemeinsam Neues schaffen können – auf Augenhöhe, mit Respekt und mit einem klaren ethischen Rahmen. Damit Kunst auch in Zukunft das bleibt, was sie immer war: eine menschliche Praxis.

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CORPUS Journal: https://journal.crps.ai