Das Sonic Presence SP15 Mikrofon trägt man quasi wie ein Hörgerät am Ohr und schließt es per USB direkt ans Smartphone oder den Computer an. Die Anordnung wirkt ähnlich wie ein Kunstkopf: Alle Funktionen des natürlichen Gehörs und dessen fantastische Fähigkeit, Geräusche in 360 Grad zu lokalisieren, sind in die Aufnahmen eingebettet, die damit gemacht werden. Die resultierende Datei ist unglaublich realistisch; es ist, als ob Sie dort wären!

So zumindest bewirbt die Firma Sonic Presence ihr Produkt, gegründet von Russ Hamm, Urgestein der New Yorker Pro Audio Szene und extrem gut vernetzt. Nach Lieferschwierigkeiten von New York nach München half kurzerhand Audiolegende Daniel Weiss von Weiss Engineering höchstselbst mit einem Exemplar aus Zürich aus, für mich eine extrem große Ehre.

 

Setup

Mit z.B. der Fieldrecorder App für Android sieht das komplette Recording Setup dann so aus. Ein Setup – und das ist das wichtige -, das man immer dabei hat.

Die Kapseln stecken nicht in der Ohrmuschel, wie man es vom Kunstkopf oder von den gängigen binauralen Setups mit z.B. dpa Minikapseln kennt, sondern man trägt die Kapsel vor dem Ohr (siehe Artikelfoto). Dadurch wird der Schall nicht von der Ohrmuschel gefiltert, was möglicherweise die räumliche Darstellung vergleichsweise etwas schmälert, aber dafür den Frequenzgang auch für die Lautsprecherwiedergabe tauglich macht. Hören Sie im ersten Hörbeispiel, wie die Kapseln in der Ohrmuschel klingen, im zweiten Hörbeispiel, wie sie vor dem Ohr klingen.

Bitte alle Beispiele und Videos mit Kopfhörer anhören. Zwar sind die Aufnahmen nicht kaputt, wenn man sie über Lautsprecher hört, aber die räumliche Wirkung zeigt sich doch nur über Kopfhörer in aller Pracht.

 

 

Atmo

Im dritten Hörbeispiel in obiger Playlist habe ich meinen Besuch in einer Bäckerei mitgeschnitten. Sowohl ich als auch die Verkäuferin trug eine Maske, deswegen sind die Stimmen muffliger als man es erwarten würde. Vor allem im Vergleich zum Geraschel der Tüten und dem Geklingel der Münzen.

Das Mikrofon am Smartphone angeschlossen kann natürlich auch für Videoaufnahmen verwendet werden:

Und hier zeigt sich leider auch schon ein echter Schwachpunkt dieses Mikrofons: es ist extrem empfindlich selbst für leichten Wind. Ich habe traurigerweise keine einzige brauchbare Außenaufnahme herstellen können. Update: Der Hersteller empfiehlt kleine Schaumstoffwindschütze für Lavalier Mikrofone, die werde ich ausprobieren.

 

Sprache

Beworben wird das Mikro auch als Sprechermikro für die leidigen Videokonferenzen. Hier ein eindrucksvolles Beispielvideo des Herstellers. Ja, es macht die Sache sehr gut.

 

Musik

Eines der wichtigsten Einsatzgebiete für das SP15 ist sicherlich das unauffällige Aufnehmen von musikalischen Darbietungen in geschlossenen Räumen. Hier ein paar Beispiele aus einem live gestreamten Konzert. Meine Positionen entsprechen realistischen Publikumspositionen. Hätte ich näher hingehen können, wäre die klangästhetische Qualität sicherlich nochmal schöner geworden. Das SP15 hat grundsätzlich kein Problem mit großen Dynamikumfängen, ich bin aber möglicherweise doch in den Limiter gefahren, wie man hören und messen kann. Das kann aber auch an meiner noch mangelnden Kenntniss der Camera App Filmic Pro liegen. Dort sah es so aus, als wäre noch Headroom übrig, aber vielleicht stimmte das nicht ganz.

Über ein Problem bin ich leider immer wieder gestoßen: es geht relativ leicht, den USB-C Stecker aus meinem Samsung S10 zu ziehen, oder nur leicht zu ziehen. Wenn dann nicht mehr das externe sondern das interne Mikrofon verwendet wird, merkt man das leider gar nicht so schnell. In diesem Fall führte es aber dazu, dass es eine Vergleichaufnahme mit dem internen Smartphonemikro gibt.:

Ein anderes Stück im Portraitkonzert über den französischen Komponisten Raphael Cendo, dessen Klang eher räumlich in die Weite geht, wird schön eingefangen. Als Camera App nutzte ich Filmic Pro, weil dort der Ton manuell aussteuerbar ist. Blende und Schärfe auch, und die hab ich ganz offensichtlich auch noch nicht im Griff. Nochmal der Hinweis: bitte Kopfhörer benutzen.

Das Konzert wurde, wie gesagt, live gestreamt. Die Mischung des Streams unter klassischer Verwendung von Haupt- und Stützmikrofonen kann man vergleichsweise hier hören:

 

Fazit

Wie man in den musikalischen Beispielen hören kann, lassen sich mit dem Sonic Presence SP15 hochwertige Tonaufnahme ohne Aufwand herstellen: das Mikro hat man immer dabei, man braucht kein Stativ, das Smartphone dient als Rekorder. Dabei fängt es den Klangeindruck an der Position des Zuhörers glaubhaft ein. Meistens würde man sich aber eigentlich eine etwas nähere Position wünschen als in einem Konzert realistisch möglich ist. Aber das ist dann eine Frage der Ästhetik.

Es ist ein Jammer, dass das Mikrofon so windempfindlich ist. Für die spontane Atmoaufnahme in der Natur wäre das Mikro perfekt. Aber so leider nicht nutzbar. Update: Der Hersteller empfiehlt kleine Schaumstoffwindschütze wie diese für Lavalier Mikrofone, die werde ich ausprobieren.