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Als Student hatte ich es mir zur Angewohnheit gemacht, die Musik nicht auszumachen, wenn ich die Wohnung verließ aber das gerade spielende Album noch nicht zum Ende gekommen war. Mir schien es respektlos der Musik gegenüber, sie einfach auszuschalten. Das, was da so in Schwingung gebracht wurde, sollte zu Ende schwingen dürfen.

Mit der zuhause weiterspielenden Musik verband ich auch das Gefühl, dass die Musik in mir selbst weiterschwingen kann, obwohl ich sie nicht mehr höre. Ein empathisches Band verband sich zwischen mir und der fernen Musik.

Es waren oft Alben von ECM Records, die bei mir zuhause ohne mich weiterspielten. Wie bei kaum einem anderen Label ist die Anordnung der Stücke über das gesamte Album hinweg präzise komponiert. Hätte ich das Spiel des Albums einfach abgebrochen, wäre die Gesamtkomposition empfindlich gestört gewesen. Denn so wie man Musik in Bezug auf die vorhergegangene Musik hört, hört man Musik auch im Kontext der noch zukünftig spielenden Musik. Bricht man das Album ab, verändert sich auch die Wirkung und Intention der bereits gehörten Musik.

Der Auftrag für die Klanginstallation „Small Places“ (Link >>>) zum 50-jährigen Labeljubiläum von ECM Records im Rahmen der RE:ECM Ausstellung im Storage by Hyundai Card in Seoul, Korea, erlaubte es mir, auf diese frühen Gefühle und Philosophien zurückzukommen: In der Arbeit „Small Places“ wird der gesamte Katalog von ECM Records am Stück abgespielt, Album für Album (insgesamt fast 1600). Der Installation ist es dabei egal, ob die Galerie offen ist oder geschlossen. Die Musik spielt immer weiter. Wenn man nachts auf der Straße daran vorbeigeht, kann man die Musik durch die Ladetüren hören.

An diesem Spiel kann man auch teilhaben über die Webseite smallplaces.art. Wie ein Radiosender überträgt sie die gerade im Storage spielende Musik in die ganze Welt.

Lassen auch Sie sich überraschen und inspirieren von dieser unglaublich kontrastreichen und sich jeder Klassifizierung entziehenden, über 8,5 Wochen dauernden Gesamtkomposition ECM. Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich selten in meinem Leben so viel neue Musik entdeckt habe wie dieser Tage, in denen ich fast täglich über smallplaces.art „Radio höre“.