IN KÜRZE
Mathis Nitschke ist Komponist, Sound Designer und Musiktheatermacher. Seine Arbeit bewegt sich an der Schnittstelle von Musik, Technologie und Raum. Nach Studien der klassischen Gitarre, bildenden Kunst und Komposition (u.a. am Königlichen Konservatorium Den Haag) realisierte er eigene Projekte und Auftragswerke, die oft neue Formate erproben: darunter die Opernproduktionen JETZT (2012) und HAPPY HAPPY (2014) für die Nationaloper Montpellier, die urbane Kurzoper Viola (2015) und MAYA (2017), das erste Mixed-Reality-Musiktheater weltweit.
Als Komponist für Film und Theater arbeitet er mit Künstlern wie Michel Houellebecq, Luk Perceval, Thomas Jonigk und Claus Guth. Seine Musik war unter anderem an den Münchner Kammerspielen, dem Schauspiel Köln, in der Armory Hall New York und auf internationalen Festivals wie Aix-en-Provence oder Locarno zu hören.
2015 gründete er Sofilab – ein Studio für Sonic Design und künstlerische Forschung mit Sitz in München.
AUSBILDUNG UND KÜNSTLERISCHE FORSCHUNG
Nach Anfängen auf der klassischen Gitarre und am Mischpult studierte Mathis Nitschke bildende Kunst, bevor er seine Studien am Königlichen Konservatorium Den Haag bei Gilius van Bergeijk, Richard Ayres und Clarence Barlow als Musikkomponist abschloss.
Vorlesungen und Seminare u.a. bei Heiner Goebbels, DJ Spooky, Jean-Luc Nancy, Michel Houellebecq, Mike Figgis, Peter Greenaway und The Brothers Quay während seines Postgraduiertenstudiums der Medien und Kommunikation an der European Graduate School (EGS), Saas-Fee, flankierten seine Ausbildung.
Zwischen 2010 und 2017 war das Wesen der Oper Nitschkes Hauptforschungsgegenstand, initiiert durch den Kompositionsauftrag für „JETZT“ der Nationaloper Montpellier. Aus großer Skepsis gegenüber dem klassischen Gesang und der Institution der Oper erwuchs eine äußerst fruchtbare Such- und Schaffensphase, die mit der Mixed-Reality-Oper „MAYA“ in 2017 ihren vorläufigen Höhepunkt fand.
Mit der Soundwalk-Oper „Vergehen“ (2016) öffnete sich die Tür zur interaktiven digitalen Kunst, die seitdem einen weiteren Schwerpunkt seines künstlerischen Forschens bildet. Fragen nach der künstlerisch optimalen Mensch/Maschine-Kommunikation und dem Ausbalancieren höchster klanglicher Ansprüche mit den Möglichkeiten gängiger Smartphones führten zur Entwicklung innovativer Interaktionsmethoden, die ein neuartiges und gleichzeitig tiefgehendes Musikerlebnis erlauben. Herausragendes Beispiel ist dabei der interaktive 3D-Audio Soundwalk „Die Planeten“ , eine Kooperation mit den Münchner Philharmonikern.
MUSIKTHEATER
In Mathis Nitschkes Arbeiten als Theatermacher betrachtet der Zuschauer nicht nur, er wird auch selbst betrachtet und nimmt an der theatralen Situation teil. In der Musiktheater-Trilogie im öffentlichen Raum VIOLA / KATHARINA / ISOLDE (2015/16/19) sitzt das Publikum in Schaufenstern und schaut dem Geschehen auf dem Platz davor zu. Gleichzeitig wird es selbst im Schaufenster ausgestellt und von den Passanten auf der Straße betrachtet.
Smartphones und Kopfhörer als bestimmendes Merkmal des heutigen öffentlichen Lebens mit einbeziehend, konzipierte Mathis Nitschke an der Münchner Isar einen interaktiven Hörparcour für Spaziergänger: VERGEHEN (2017), eine Oper, die man sich erläuft. Sie lässt die reale Welt mit der Virtualität in klingende Interaktion treten. In der Kritikerumfrage der Zeitschrift „Deutsche Bühne“ 2017 wurde VERGEHEN als bester Beitrag in der Kategorie Bühne/Raum/Kostüm nominiert.
Im Oktober 2017 wurde MAYA uraufgeführt, eine Mixed-Reality-Techno-Oper, in deren Zentrum grundlegende Fragen des Posthumanismus verhandelt werden. In der Ruine des Heizkraftwerks Aubing kreierte Nitschke einen virtuellen Parallelkosmos zur physischen Realwelt auf der Grundlage von Sound, Musik, Augmented Reality Technik und digitaler Kunst, in der die Zuschauer sich frei bewegten.
Den Anfang machten die von der Nationaloper Montpellier beauftragten Opern JETZT und HAPPY HAPPY (2012 und 2014), die aus seiner langjährigen Freundschaft und Zusammenarbeit mit Lichtdesigner und Regisseur Urs Schönebaum entstanden. JETZT wurde bei der Kritikerumfrage der Zeitschrift Opernwelt im Jahr 2013 zur “Uraufführung des Jahres” nominiert.
Ein neues Kapitel wird durch seine Mitarbeit als Sound Designer und Komponist im Team von Regisseur Claus Guth aufgeschlagen, in dem er seine Erfahrungen aus dem freien experimentellen Musiktheaterschaffen in die Welt der etablierten Opernhochkultur zu bringen versucht. Nach dem Erfolg der „Doppelgänger“ Uraufführung in der Armory Hall New York im September 2023 folgt im Juli 2024 eine erneute Zusammenarbeit zur Eröffnung des Festival d’Aix-en-Provence.
Seine Musik ist oftmals Ergebnis gemeinsamer improvisatorischer Praxis. Er unterhält besondere Arbeitsbeziehungen zu den Sänger*innen Martina Koppelstetter, Sarah Aristidou und Karen Vourc’h sowie, neben anderen, den Musikern Santiago Cimadevilla, Anja Lechner, Goska Isphording, Mathis Mayr, Brice Soniano and Klaus-Peter Werani.
FILM, SCHAUSPIEL UND GAMES
Für Michel Houellebecq komponierte und produzierte Mathis Nitschke 2008 einen groß-orchestralen Score für dessen Debut als Regisseur, der eigenen Verfilmung seines Romans ‘Die Möglichkeit einer Insel’. 2017 komponierte und produzierte er die Filmmusik für Martin Farkas‘ Dokumentarfilm ‚Über Leben in Demmin‘, 2019 für Christoph Boekels Dokumentarfilm „Sog des Krieges – eine Familiengeschichte„.
Nitschke arbeitet regelmäßig an den wichtigen deutschsprachigen Bühnen wie, neben anderen, Münchner Kammerspiele, Thalia Theater Hamburg, Schauspielhaus Zürich, Burg- bzw. Akademietheater Wien und Schauspiel Köln mit Regisseuren wie Luk Perceval, Andreas Kriegenburg, Christof Loy, Thomas Jonigk, Ulrike Arnold, Karin Henkel, Christiane Pohle und anderen. Nitschke hat ein besonderes Interesse an der Zusammenarbeit mit Autoren, bisher mit Jonas Lüscher, Thomas Jonigk, Michel Houellebecq und Ulrike Draesner.
Außerdem hat er Freude beim klanglichen und musikalischen Gestalten von Games. Aus seiner Zusammenarbeit mit der K5 Factory entstanden die z.B. VR-Spiele „Labyrinth DeLux“ , „Unite in Taste“ und „Anon“ .
SOFILAB
Mathis Nitschke gründete 2015 die Sofilab, ein Münchner Sonic Design Studio und Innovationslabor, das an der Schnittstelle von Kunst, Industrie und Technologie arbeitet. Sofilab initiiert Projekte und beginnt mit der Forschung zu den Themen digitale Musikpraxis, Medien und Klangkunst, interaktive Kommunikation, industrielles Sounddesign und audiogeführte Anwendungen.
UND DARÜBER HINAUS
Als Klangregisseur sitzt Mathis Nitschke nicht nur am Mischpult der Theater, sondern auch bei Aufführungen zeitgenössischer Musik im Konzertsaal, z.B. bei der Musica Viva Reihe des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks. In Solo- und Ensembleprojekten tritt er als performender Elektroniker auf. Beim Ensemble für aktuelle Musik der/gelbe/klang ist der festes Mitglied.
Auf Grundlage seiner früheren Erfahrungen in der Werbeproduktion (Hastings Audio, Giesing Team) und der Tätigkeit in der Filmpostproduktion (Resident Evil, Schwabenkinder, Die Freunde der Freunde) bietet er seine Dienste auch Unternehmen und Agenturen in der Live-Kommunikation an. Dabei entstehen Unternehmensfilme (z.B. für BMW), Sound-Logos (z.B. Airbus Group) oder auch Konzerteinlagen, musikalische Highlights (z.B. Linde Managementkonferenz, BMW Excellence in Sales).
Er hält Seminare und Workshops an verschiedenen deutschen und österreichischen Hochschulen (z.B. Musikhochschule Trossingen, HdpK Berlin und Fachhochschule St. Pölten).
Für die Celemony Software GmbH ist er als Product Manager für Capstan tätig, eine Software für die Tonrestauration, die auf rein digitalem Weg Gleichlaufschwankungen korrigieren kann. Außerdem berät er die Firma für ihre Neuentwicklungen.